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Völkerball 2068 – „Mechanica Caelestium“

Wer sich noch an Völkerballduelle aus der Schulzeit zurückerinnert, wird sich kaum vorstellen können, dass ein solches im Zentrum einer dystopischen Erzählung im Stile der „Hunger Games“ stehen könnte. Merwan beweist in „Mechanica Caelestium“ das scheinbar Unmögliche. Gilt Völkerball als Totalkapitulation des Sportlehrers vor pädagogischem Anspruch oder vor dem Widerstand der Klassengemeinschaft gegen Stufenbarren, Reck und Dauerläufe, inszeniert Merwan hier ein urkomisches Sportfestival mit Öko-Setting.

mechanicaDie Ausgangslage im Jahr 2068 ist miserabel: Die zentralfranzösischen Wälder von Fontainebleu sind seit einer globalen Katastrophe radioaktiv verseucht, und die Gesellschaften sind zu modernen Jäger-und-Sammler-Gesellschaften degeneriert, in denen Piraterie und Korruption flankiert werden von politischen Institutionen, die zur Farce verkommen sind. Es gibt zwar Regeln und Gesetze, aber es sind eher die Gesetze der Gesetzlosen und die Rechte der Stärkeren, die sich behaupten. Kurzum: „Das ganze System ist krank“ (S. 45).

Die Welt ist komplexer, als sie auf Anhieb erscheint: Sie ist nicht in eine Dschungelidylle oder Waldhölle, je nach Interpretation, zurückgefallen, sondern neben der Waldgemeinschaft von Pan besteht auch die technologisch fortgeschrittene Gesellschaft von Fortuna, wobei das Bild nicht so schwarzweiß bleibt, wie Merwan es am Anfang zeichnet. By the way: Nichts liegt dieser von Merwan herrlich bunt gestalteten Welt ferner als tristes Schwarzweiß.

Ein Gesandter der Republik Fortuna besucht die Reisbauern von Pan, um ihnen ein Angebot zu machen, das an Schutzgelderpressungen aus Cosa-Nostra-Filmen erinnert: „Geld oder Leben“ oder, so fällt dem politischen Führer in letzter Sekunde ein, ein Urteil der „Mechanica Caelestium“, was nichts weiter bedeutet, als dass die Angelegenheit auf dem Spielfeld ausgetragen wird.

Die Waldbewohner Aster und Wallis, er heimlich in sie verliebt, stehen im Zentrum der neu zu bildenden Völkerballmannschaft, und sie treten gegen einen übermächtigen Gegner an. In einem dramatischen Best-of-Three wird ermittelt, ob sich die Wald-und-Wiesentruppe gegen die Völkerball-Profis von Fortuna behaupten kann. Pan wird unerwartete Hilfe bekommen. Und auf unerwarteten Widerstand treffen. Bitte weiterlesen auf Comic.de.

Bibliografische Daten

Merwan (Autor und Zeichner): „Mechanica Caelestium“. Aus dem Französischen von Resel Rebiersch. Schreiber & Leser, Hamburg 2020. 208 Seiten. 32,80 Euro.

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