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Grobmaschiger Blickfang: Celestia

Der italienische Comic-Autor und -Zeichner Manuele Fior, dessen Wahlheimat Paris ist, hat es auch in Deutschland zu einiger Bekanntheit gebracht. Angefangen bei „Menschen am Sonntag“ (2005) über „Fünftausend Kilometer in der Sekunde“ (2011, ausgezeichnet in Angouleme) bis zu „Die Übertragung“ (2013) hat der avant-verlag sich bemüht, Fiors Werk auch hierzulande zugänglich zu machen. „Celestia“ (zuerst 2020 bei Futuropolis) ist im vergangenen Jahr erschienen.

Pierrot braucht jede Menge Parolen, Passwörter und Codes, um sich Zugang zu den Straßen und Plätzen der dunklen Stadt zu verschaffen. Uns Leser*innen wird der Eintritt nach „Celestia“ noch viel schwieriger gestaltet, denn Manuel Fior macht nicht viele Worte – diese fremde Zukunftswelt muss sich den Leser*innen fast ganz und gar visuell erschließen. Um den Einstieg zu erleichtern, führt ein kurzer Prolog in das Setting ein: „Die große Invasion kam über das Meer. Über das Festland zog sie gen Norden. Viele sind geflohen, einige fanden Zuflucht auf einer kleinen Insel in der Lagune. Einer steinernen Insel, vor über tausend Jahren auf Wasser gebaut. Ihr Name ist Celestia.“

Ihr Name ist Venedig, möchte man korrigieren, aber Fior hat das Setting so sehr der Wirklichkeit entrückt, dass wir nicht darauf bestehen sollten, es Venedig zu nennen. In dieser Stadt, völlig abgeschottet vom Festland, also lebt der Dichter Pierrot, den wir an seiner auf die rechte Wange geschminkten Träne erkennen. Als er dem zwielichtigen Honk sein Auge ausschlägt, zieht er den Zorn von dessen Freunden auf sich. Er muss die Stadt verlassen und nimmt die telepathisch begabte Dora gleich mit.

Pierrot ist ein Dichter mit Potenzstörung, ungezügeltem Temperament, aber auch mit großem Herzen. Nachdem sie Celestia mit einem Boot hinter sich gelassen haben, entdecken sie eine moderne, fensterlose Anlage, die von den drei Bewohnern „die Burg“ genannt wird. Warum die drei sich dort verschanzen, wissen sie selbst nicht mehr, und so entstehen Situationen, die geradezu kafkaesk wirken: „Aber sie sind geblieben“, wirft Dora ein. „Was hätte ich denn tun sollen?“ – „Die Burg verlassen … raus!“ – „Raus aus der Burg? Das geht nicht. Ich bin der Wärter. Noch nicht begriffen?“ Es ist nicht Kafkas „Schloss“, aber auch keine abenteuerliche Ritterburg, in der Pierrot und Dora hier gelandet sind. Bitte weiterlesen auf Comic.de.

Bibliografische Daten

Manuele Fior: „Celestia“.
Aus dem Italienischen von Myriam Alfano. avant-verlag, Berlin 2021. 272 Seiten. 29 Euro

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